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| Thema: „Deutsche Weihnacht in Tharau wäre ein Traum“ Sa Dez 26, 2009 4:19 pm | |
| - Zitat :
- Deutsche Weihnacht in Tharau wäre ein Traum“
Von Moritz Schwarz
„Ännchen“-Kirche in Tharau (2009): zählt zu den architektonisch bedeutendsten Dorfkirchen Ostpreußens Foto: Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen
Hans Günther Parplies Foto: Privat
Herr Parplies, wann werden Sie Weihnachten mit einem deutschen Gottesdienst in der „Ännchen“-Kirche feiern können?
Parplies: Wir sind froh, wenn wir dieses Kleinod ostdeutscher Kultur und europäischer Architektur vor dem Verfall retten können.
Es gibt zahllose verfallende Dorfkirchen in Ostpreußen. Warum wäre Weihnachten gerade in der „Ännchen“-Kirche etwas so Besonderes?
Parplies: Eben weil es die Kirche der berühmten „Ännchen von Tharau“ ist. Die im 17. Jahrhundert geborene Pfarrerstochter wurde durch diese Ode, die zu den beeindruckendsten deutschen Volksliedern zählt, unsterblich. Verfaßt vom Barockdichter Simon Dach, übersetzt aus dem Niederdeutschen von keinem Geringeren als Johann Gottfried Herder und letztgültig vertont von Friedrich Silcher, dem Vater des deutschen Volksliedes im 19. Jahrhundert, liegt ihr Geheimnis darin, daß es das wohl schönste und innigste Liebeslied in deutscher Sprache ist. Noch heute gehört es zu den beliebtesten Volksliedern, und es zeugt von der Kraft und der Größe eines Textes, wenn er auch nach fast vierhundert Jahren im Volke noch lebendig ist.
Zum Mythos des „Ännchen“ hat auch beigetragen, daß es sich angeblich um die verschlüsselte Liebeserklärung eines unglücklich Liebenden handelt.
Parplies: Danach soll Dach selbst in Ännchen verliebt gewesen sein, doch entschied sie sich für einen anderen, einen Freund Dachs. Der bestellte prompt ein Liebeslied für seine Hochzeit – und zwar nichtsahnend ausgerechnet bei Dach! So konnte der ihr zwar seine Liebe gestehen, aber freilich, ohne daß es ihr je offenbar wurde. Das ist natürlich eine schön erfundene, todtraurige Geschichte. Leider ist nichts daran wahr, tatsächlich war „Ännchen von Tharau“ eine der üblichen Auftragsarbeiten der florierenden Dichterwerkstatt Dachs.
Was aber hat das mit Weihnachten zu tun?
Parplies: An sich hat „Ännchen von Tharau“ mit Weihnachten nichts zu tun, die klassische deutsche Weihnacht ist allerdings ein besinnliches Fest, und da spielt das gemeinsame Singen eine große Rolle. Heute dominiert dagegen immer mehr der Event-Charakter, eine reizüberflutende Dekoration, teures Schenken, und die Musik kommt von der CD. Ich glaube, in Vertriebenenkreisen haben sich das Zusammenkommen und auch das gemeinsame Singen noch bewahrt. Denn durch die dort stärkere Zersplitterung der Familien spielt das Zusammensein zu Weihnachten für uns vielleicht noch eine größere Rolle.
Kein einziger Deutscher mehr in Tharau
Weihnachten hat für die Vertriebenen also eine zusätzliche Bedeutung?
Parplies: Ich denke ja, denn für uns hat Weihnachten immer auch eine besondere innere Verbundenheit mit der Heimat. Die hohe Zeit der Weihnacht ist schließlich die Kindheit. In diesem Alter wird unser Begriff davon geprägt. Ich war etwa elf Jahre alt, als ich meine letzte Weihnacht zu Hause erlebte. Mehr denn je ist die Heilige Nacht also mit Gefühlen an die alte Heimat verbunden.
War die ostpreußische Weihnacht anders?
Parplies: Das würde ich an sich nicht sagen, Christbaum, Kirchgang, Weihnachtsgans, anderntags der Karpfen, der zuvor noch in der Badewanne schwamm, Bratäpfel und Weihnachtslieder, das war bei uns wie überall. Freilich lag in Ostpreußen in jedem Winter Schnee, und das macht einen erheblichen Unterschied. Denn ohne Schnee ist die Welt im Winter trüb und grau, mit Schnee aber hell und voller Glanz, die Welt ist wie in Watte gepackt. Wer nach der Christvesper durch Schnee nach Hause geht, erlebt ein anderes Weihnachten. qwelle http://www.jungefreiheit.de/Single-News-Display.154+M578c8b690d0.0.htmlgruß hanss |
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